Wie auskommen ohne Einkommen?

Gesundheit Job Einkommen weg

Gedanken an Unangenehmes verdrängen wir Menschen gerne und oft. Wir argumentieren dann mit einer sehr geringen Eintrittswahrscheinlichkeit, dass es uns überhaupt treffen kann. Doch leider gibt es im Leben nicht nur Schönwetter, manchmal ziehen auch dunkle Gewitterwolken auf und es gibt Unwettersituationen.

Wir möchten uns mit dem aktuellen Beitrag einmal damit beschäftigen, was passiert, wenn Sie selbst aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft „im Regen stehen“ und Ihren Beruf nicht mehr ausüben können. Was bedeutet es, wenn Sie deshalb Ihren Job verlieren? Können Sie bei dauerhaftem Wegfall Ihres Einkommens noch Ihr Auskommen, sprich Ihren Lebensunterhalt bestreiten?

Der Wert Ihres wichtigsten Kapitals

Stellen wir zunächst ein einfaches Rechenbeispiel an, um uns die mögliche Tragweite einer solchen Unwettersituation bewusst zu machen. Angenommen Sie sind 35 Jahre alt und verdienen im Monat netto 2.500 €. Sie erhalten einen jährlichen Inflationsausgleich von 2 % auf Ihr Einkommen und haben noch 30 Jahre bis zu Ihrem Pensionsantritt vor sich.

Ihr Kapital, d.h., der Wert Ihrer Arbeitskraft, beträgt somit rund 1,46 Mio €! Gratulation, Sie sind also Millionär! Und in dieser Berechnung sind größere Steigerungen bei Ihrem Einkommen noch gar nicht berücksichtigt!

Entsprechendes Bewusstsein ist erforderlich

Wenn Sie von diesem Betrag beispielsweise eine Immobilie oder Auto anschaffen, dann ist es naheliegend, diese Werte auch entsprechend abzusichern. Wenn man Menschen aber fragt, wie sie ihr wichtigstes Kapital, ihren Arbeitswert, abgesichert haben, dann ortet man häufig Fragezeichen in den Augen der Befragten.

Und dann folgen meistens zwei Antworten: die Wahrscheinlichkeit, dass mir so etwas passiert ist gering und wenn es geschieht, dann bekomme ich vom Staat eine entsprechende Leistung.

Leider fehlt beiden Antworten die statistische Relevanz: Die Wahrscheinlichkeit von Berufsunfähigkeit betroffen zu sein, liegt bei durchschnittlich 20 %, d.h., jeder fünfte Österreicher ist davon betroffen!

Und die durchschnittliche monatliche staatliche Berufsunfähigkeitspension beträgt netto 1.124 € laut Jahresbericht der österreichischen Sozialversicherung aus dem Jahr 2019.

Reicht die staatliche Absicherung?

Damit stellt sich die Frage: Können Sie dann noch Ihren Lebensunterhalt bestreiten? Was passiert, wenn zusätzliche Ausgaben für Arzneimittel oder medizinische Behandlungen zu bezahlen sind?

In Zeiten leerer Staatskassen werden die Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung nicht kräftiger sprudeln. Und mit dem Sozialrechtsänderungsgesetz 2012 wurde der Zugang in die Berufsunfähigkeitspension neu geregelt. Dieses Gesetz brachte weitreichende Einschränkungen der Zugangsbestimmungen zur Berufsunfähigkeit mit Wirksamkeit ab 2014 mit sich und führte auch dazu, dass das durchschnittliche Zugangsalter zur Berufsunfähigkeitspension zunimmt.

Bei Berufsunfähigkeit müssen Sie demnach mit einer beträchtlichen Einkommenslücke rechnen, die in den meisten Fällen zumindest um die 30 % – 40 % des Nettoeinkommens liegen wird. Im oben beschriebenen Beispiel wird die Lücke wahrscheinlich sogar noch größer sein – eine genaue Berechnung würde das Vorhandensein konkreter sozialversicherungsrelevanter Daten erfordern.

Generell kann die Aussage getroffen werden, dass gerade für junge, gut ausgebildete Menschen, denen eine große Karriere bevorstehen kann, wie z.B. technische Fachkräfte oder Akademiker, die Einkommenslücke bis auf 50 % ansteigen kann. Denn die staatliche Absicherung über die verpflichtende Sozialversicherung berücksichtigt für die Pensionsberechnung nur das aktuelle Einkommen, nicht aber die künftige Karriere.

Wenn man aber von einem Durchschnittsnettoeinkommen in Österreich von 1.999 € ausgeht und die durchschnittliche staatliche Nettoberufsunfähigkeitspension von 1.124 € zugrunde legt, dann würde der Einkommensverlust 875 € oder 44 % betragen! Ein Leben mit starken Einschränkungen ist vorprogrammiert – neben allfälligen gesundheitlichen Einschränkungen!

Mann im Rollstuhl

Die Auslöser und Ursachen für Berufsunfähigkeit

Was sind die häufigsten Ursachen für Berufsunfähigkeitsfälle? Gerade bei dieser Fragestellung ist eine starke Fehleinschätzung in der Wahrnehmung der Bevölkerung zu beobachten. Häufig wird der gesundheitliche Schaden aus einem Unfall für die Ursache von Berufsunfähigkeit genannt. Doch die Statistik (Jahresbericht der österreichischen Sozialversicherung 2019) zeigt ein ganz anderes Bild:

  • 35,3 % psychische Erkrankungen
  • 20,6 % Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems und Bindegewebes
  • 13,4 % Krebs
  • 11,4 % Erkrankungen des Kreislaufsystems
  • 19,3 % sonstige Ursachen

Nur bei jedem Zehnten ist ein Unfall die Ursache für Berufsunfähigkeit.

Hätten Sie diese Verteilung erwartet? Die meisten werden wohl kaum mit diesen Zahlen gerechnet haben.

Wenn wir uns nun die Frage stellen, wer denn nun in der österreichischen Bevölkerung besonders gefährdet ist, nur die manuell arbeitende Bevölkerung oder auch diejenigen Menschen, die in Büros ihre Arbeit verrichten? Dann werden wir erkennen, dass alle Berufsgruppen der Gefahr einer möglichen Berufsunfähigkeit ausgesetzt sind.

Gerade die psychischen Erkrankungen nehmen in den letzten Jahren sehr stark an Häufigkeit zu, zurückzuführen wahrscheinlich auf einen wesentlich erhöhten Arbeitsdruck in einer immer hektischeren Zeit. Burn-out klingt heutzutage schon wie eine Alltagskrankheit in vielen Berufen. Und von diesem Phänomen sind viele Berufsgruppen betroffen, auch die Selbständigen, die freien Berufe, die sogenannten Besserverdiener, das mittlere Management in Unternehmen, Lehrer, Tischler, Bäcker, Sachbearbeiter, Bürokaufleute, etc. nur um einige zu nennen.

Oder denken Sie an die vielen Bürojobs, die ein sitzendes Arbeiten vor dem Computer erfordern und immer öfter zu Haltungsschäden und Verspannungen führen. Sind Sie davor gefeit?

Welche Art der Absicherung soll gewählt werden?

Wenn Ihnen nach den obigen Ausführungen die Bedeutung der Absicherung Ihres wichtigsten Kapitals bewusst geworden ist, dann ist in einem nächsten Schritt die Frage zu beantworten: Soll eine Absicherung für den Fall der Erwerbsunfähigkeit oder der Berufsunfähigkeit gewählt werden? Was ist denn der Unterschied zwischen den beiden Begriffen? Eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung leistet, wenn Sie gar keiner geregelten Erwerbstätigkeit bzw. keinem Beruf mehr nachgehen können. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung leistet aber mehr, sie bietet auch dann Schutz, wenn Sie Ihren zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr ausüben können.

Und diese Unterscheidung zwischen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit ist eine ganz wesentliche, die gerade in der gesetzlichen Sozialversicherung besondere Bedeutung hat. Die Erwerbsunfähigkeit ist sozusagen das Damoklesschwert für die Selbständigen und Gewerbetreibenden.

Stellen Sie sich folgenden Fall vor: Sie sind selbständiger Bäcker und werden allergisch gegen Mehl. Dann ist zwar Berufsunfähigkeit gegeben, aber nicht Erwerbsunfähigkeit. Und die Sozialversicherung wird Sie auf einen möglichen anderen Beruf verweisen. Es werden zwar von ihr Umschulungen auf andere Berufe unterstützt, aber, ob Sie dann in diesem Berufszweig eine Arbeit finden und ein entsprechendes Einkommen erzielen können, ist nicht garantiert.

Anders gelagert ist der Fall, wenn Sie angestellt in einem Büro in der Administration oder im Kundenservicebereich tätig sind und einen Schlaganfall mit andauernder Bettlägerigkeit erleiden. Dann wären Sie definitionsgemäß sowohl berufsunfähig als auch erwerbsunfähig, weil Sie ja keine andere Erwerbstätigkeit mehr ausüben können.

Die Absicherung ausschließlich gegen Erwerbsunfähigkeit stellt somit eine weniger umfassende Versicherungsvariante dar. Sie ist eine kostengünstigere Lösung, die von Menschen gewählt wird, die durch Vorerkrankungen über einen schlechteren Gesundheitszustand verfügen und dadurch eine Berufsunfähigkeitsversicherung gar nicht oder nur zu erschwerten Bedingungen erhalten würden.

Die Berufsunfähigkeitsversicherung schützt umfassender, nämlich insofern, dass die Versicherten im Leistungsfall nicht von der gesetzlichen Sozialversicherung auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden können. Dies ist besonders für Selbständige wichtig, weil sie, wie zuvor erwähnt, über keinen Berufsschutz verfügen.

Die vereinbarte Leistung der Berufsunfähigkeitsversicherung fällt an, wenn Sie diesen zuletzt ausgeübten Beruf zu mindestens 50 % sechs Monate oder länger nicht ausüben können.

Die Faktoren der Prämienberechnung

Wovon hängt die Höhe der Versicherungsprämie ab? Sie hängt vor allem ab vom

  • Eintrittsalter,
  • der versicherten Laufzeit,
  • dem Berufsrisiko,
  • der Berufsunfähigkeitsrente im Leistungsfall,
  • möglichen risikoreichen Hobbies,
  • sowie von allfälligen Vorerkrankungen.

Die optimale Berufsunfähigkeitsrente ist jene, die die Lücke zwischen Ihrem Nettoeinkommen und der staatlichen Berufsunfähigkeitsrente zur Gänze deckt. Idealerweise vereinbaren Sie auch eine Leistungssteigerung der Rente für den Fall der Berufsunfähigkeit und eine Beitragsdynamik, die den Inflationsausgleich bewerkstelligt – so eine Lösung ist äußerst sinnvoll.

Gerade jungen Menschen kann geraten werden, möglichst frühzeitig mit der Absicherung ihres wichtigsten Kapitals zu starten, denn sie führen naturgemäß eher ein sorgenfreies Leben, haben kaum Krankheiten, sprich einen guten Gesundheitszustand als Basis für die Prämienberechnung und zahlen deshalb deutlich weniger. Und das, obwohl das zu versichernde Arbeitskapital in jungen Jahren am höchsten ist, weil ein langes Erwerbsleben bevorsteht.

Qualitätskriterien für eine gute Absicherung

Worauf sollten Sie achten, wenn Sie an den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung denken?

Verweisungsverzicht: Können Sie bei Eintritt der Berufsunfähigkeit auf andere Tätigkeiten verwiesen werden, speziell dann, wenn Sie bereits eine neue Tätigkeit konkret ausüben? Ausschließlich der zu diesem Zeitpunkt ausgeübte Beruf sollte für die Prüfung des Leistungsanspruchs maßgeblich sein.

Meldepflichten und Meldefristen: Sind Sie als Leistungsbezieher einer Berufsunfähigkeitspension zur unverzüglichen Mitteilung über die Besserung ihres Gesundheitszustandes und die Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit verpflichtet? Wählen Sie einen Versicherer, der auf eine Meldepflicht verzichtet! Das bedeutet, dass Sie nach Eintritt der Berufsunfähigkeit das Versicherungsunternehmen nicht über die Verbesserung Ihres Gesundheitszustandes und/oder die Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit informieren müssen.

Klarheit des Bedingungswerks: Wie klar verständlich sind die Versicherungsbedingungen für weniger Geübte nachvollziehbar? Verständlichkeit ist jedoch ganz besonders dann gefragt, wenn Sie Leistungen in Anspruch nehmen wollen. Wählen Sie eine Versicherung, die Ihnen zusätzlich zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen auch rechtsverbindliche Erläuterungen liefert, dadurch erhalten Sie einen transparenten Überblick und Rechtssicherheit!

Kosten der Umorganisation: Was wird im Fall der Umorganisation konkret geleistet? Speziell für Selbstständige ist dies ein essenzielles Thema. Dies wird häufig sehr komplex behandelt und kann daher zu Missverständnissen führen. Eine exakte Definition der Kostenbegrenzung bei Umorganisation sollte gewährleistet sein, um über eine Planungssicherheit zu verfügen.

Leistungszeitpunkt: Ab wann besteht der Leistungsanspruch im Berufsunfähigkeitsfall? In manchen Fällen besteht der Leistungsanspruch erst ab dem ersten Tag des Folgemonats nach Eintritt der Berufsunfähigkeit. Achten Sie deshalb auf Klauseln, wie etwa, dass die Leistung erst nach einer schriftlichen Meldung erfolgt! Wählen Sie einen Versicherer, der bereits ab dem ersten Tag des Eintritts der Berufsunfähigkeit leistet – auch rückwirkend, sollte die Meldung erst später erfolgen.

Fazit

Das Humankapital ist für viele Menschen die wichtigste Einkommensquelle. Dementsprechend gravierend ist die Auswirkung eines unerwarteten Verlustes der physischen oder psychischen Fähigkeiten zur Ausübung einer Erwerbsarbeit. Es sind zwar alle Erwerbstätigen in der gesetzlichen Sozialversicherung gegen Berufsunfähigkeit pflichtversichert, aber der Schutz reicht in aller Regel nicht aus, um den Einkommensverlust zu kompensieren.

Nur 4 % der Österreicher verfügen über eine private Berufsunfähigkeitsabsicherung. Eine verstärkte Bewusstseinsbildung über die Risiken und Auswirkungen von Berufsunfähigkeit ist erforderlich, um sich gegen die steigende Anzahl von spezifischen Berufskrankheiten der modernen Leistungsgesellschaft ausreichend zu wappnen. Eine private Berufsunfähigkeitsversicherung stellt eine gute Lösung diesbezüglich dar.

Weitere Beiträge:

Blog Sparbuch sicher Ist das Geld am Sparbuch wirklich sicher? – Teil 1 24. Juli 2020 In den Köpfen der Österreicher gilt das Sparbuch tatsächlich noch als sicher. Das ist ein Grund, warum wir das hier ein wenig beleuchten wollen. Ist dies ein Irrglaube oder können Sie tatschlich mit Sparguthaben auf der Bank gut schlafen. Um hier ins Detail gehen zu können, müssen wir natürlich erst einmal den Begriff Sicherheit, der ja für jeden etwas anderes… mehr?
Bargeld die Alternative Bargeld, die Alternative zu Konto und Co? 6. November 2020 Vielen Menschen dämmert es nun doch schon: Das Geld am Sparbuch oder auch in der Lebensversicherung ist nicht mehr wirklich sicher. Die Gefahren, die dort lauern, sind mannigfaltig: Bankenpleiten, staatlicher Zugriff, oder Schuldenschnitt, um nur einige zu nennen. Da es auch keine Zinsen auf der Bank gibt, lagern jetzt immer mehr Menschen ihr Bargeld in Tresoren zu Hause oder ganz… mehr?
Geldgeschenke vom Staat Geldgeschenke vom Staat – das neue Wirtschaftssystem Modell 2020 20. November 2020 Was sollen wir uns über die aktuelle Situation des Wirtschaftslebens in Europa denken? Stellt sich für einen in dieser Region lebenden Menschen nicht die simple Frage: Wie lange funktioniert das System der Geldgeschenke und des Geldausgebens des Staates ohne entsprechende Wirtschaftsleistung noch? Gibt es eine Zukunft ohne nachfolgenden Kollaps unseres aktuellen Geldsystems? Ist alles so einfach, dass durch bloßes Gelddrucken… mehr?