Vielleicht haben auch Sie schon so beiläufig von Bankern, Wirtschaftswissenschaftern oder Politikern einmal die Worte von einem „Bail-in“ vernommen und sich aber weiter nicht näher damit beschäftigt. Oder Sie sind einmal in einem Zeitungsartikel darüber gestolpert. Früher war Bail-out eine eher gebräuchliche Formulierung, man hat dies noch von verschiedenen Bankenrettungen durch die öffentliche Hand in Erinnerung. Was verbirgt sich aber hinter diesen neuen und so einfach klingenden englischen Vokabeln „Bail-in“ wirklich?
Wenn man in einem englischen Wörterbuch nachschlägt, dann findet man als Übersetzung u.a. „Rettungsdienst“ oder „Internationalisierung der Verluste“. Diese Formulierungen klingen ein wenig nach Vernebelungstaktik und Schönreden. Wie sich in den nachfolgenden Abschnitten noch zeigen wird, werden schöne Worte für wenig schöne Handlungsweisen verwendet.
Fragen wir uns zunächst einmal, wann dieser „Bail-in“ in den Sprachgebrauch so richtig aufgenommen wurde. Dieser „Bail-in“ bekam seine besondere Bedeutung mit der Einführung des BaSAG (Bankensanierungs- und Abwicklungsgesetz) im Jahr 2014 und zu Zeiten der Abwicklung der Hypo-Alpe-Adria-Bank. Was besagt dieses neu eingeführte Gesetz?
Das BaSAG (Bankensanierungs- und Abwicklungsgesetz)
Damit setzt Österreich eine Richtlinie um, die auf europäischer Ebene bereits 2012 vorgeschlagen worden war. Diese wurde in überarbeiteter Fassung im April 2014 vom Europäischen Parlament als Richtlinie 2014/59/EU zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen angenommen. Absicht hinter dieser Richtlinie ist, dass mit ihr die Errichtung der europäischen Bankenunion vorangetrieben werden soll und ein einheitliches System erreicht werden soll, das die Aufsicht, die Abwicklung und einen Abwicklungsfonds umfasst.
Diese Richtlinie des Europäischen Parlaments wurde mittlerweile in allen EU-Ländern umgesetzt.
In diesem Artikel soll keine juristische Auseinandersetzung mit diesem Gesetz erfolgen, selbst Juristen haben schon Schwierigkeiten die einzelnen Formulierungen zu verstehen und entsprechend zu interpretieren. Um die Hintergründe, Absichten und Auswirkungen dieses Gesetzes zu verstehen, ist aber ein kurzer und einfach gehaltener Überblick über die wichtigsten Inhalte sinnvoll.
Mit diesem Gesetz werden Kreditinstitute u.a. verpflichtet, einen Sanierungsplan zu erstellen, der im Falle einer Krise vom Kreditinstitut angewendet werden soll um zukünftig die finanzielle Stabilität wieder herzustellen bzw. sicherzustellen.
Die Finanzmarktaufsicht (FMA) wird als Abwicklungsbehörde bestimmt und muss auf Basis der Sanierungspläne der Kreditinstitute Abwicklungspläne erstellen und sie jährlich aktualisieren.
Der FMA wurden Frühinterventionsbefugnisse eingeräumt um bei Gefahr und Schieflage eines Kreditinstituts rasch eingreifen zu können.
Die FMA beschließt im Sanierungsfall, welches Abwicklungsinstrument angewendet werden soll. An Abwicklungsinstrumenten wurde die Unternehmensveräußerung, die Begründung eines Brückeninstituts, die Ausgliederung von Vermögenswerten und die Gläubigerbeteiligung geschaffen.
Und diese Gläubigerbeteiligung hat es in sich! Damit kann die FMA berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten des Instituts herabsetzen oder in Eigenkapital umwandeln. Mehr dazu in den nachfolgenden Abschnitten. Es bestehen dabei nur gewisse Ausnahmen für besondere, besicherte und begünstigte Rechte.
Die Gläubigerbeteiligung – Bail-in
Zunächst ist im Gesetz im § 53 festgehalten, dass bei der Anwendung der Abwicklungsinstrumente und der Ausübung der Abwicklungsbefugnisse die FMA alle geeigneten Maßnahmen zu treffen hat, damit die Abwicklung im Einklang gemäß den Grundsätzen erfolgt, dass Verluste zuerst von den Anteilseignern des in Abwicklung befindlichen Instituts getragen werden und nach den Anteilseignern die Gläubiger des in Abwicklung befindlichen Instituts die Verluste in der Rangfolge der Forderungen im Konkursverfahren tragen.
Es besteht eine Verpflichtung zur Herabsetzung und Umwandlung, die die FMA per Gesetz zu vollziehen hat. Zunächst muss also die FMA gemäß § 70 anordnen, dass zur Stärkung der Eigenmittel des Instituts relevante Kapitalinstrumente in Anteile am Institut umgewandelt werden und zur Abdeckung von Verlusten der Nennwert von relevanten Kapitalinstrumenten ganz oder teilweise herabgeschrieben wird. Diese Maßnahme betrifft diejenigen, die Anteile am Kreditinstitut halten, also die Eigentümer und in der Regel wohl die Aktionäre. Allein diese Formulierung relevante Kapitalinstrumente erzeugt beim Lesen Unverständnis. Für den Leser dieser Zeilen möge es genügen, dass es sich im Wesentlichen um besonderes Kapital der Anteilseigner des Kreditinstituts handelt.
Im 5. Hauptstück und 5. Abschnitt wird in den § 85 ff das Instrument der Gläubigerbeteiligung beschrieben. Die FMA kann mit diesen Befugnissen für Gläubiger – und viele sind Gläubiger, ohne, dass sie es wissen – eine drastische Maßnahme anordnen, ohne, dass dagegen etwas unternommen werden kann:
Berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten können ganz oder teilweise herabgesetzt werden oder in Eigentumstitel des Kreditinstituts übertragen oder umgewandelt werden.
Was alles unter diese berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten fällt, wird im Nachfolgenden noch beschrieben. Unter die berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten fallen zumindest nicht die durch den Einlagensicherungsfonds gedeckten 100.000 €, aber alle darüber hinaus gehenden Spareinlagen beim Kreditinstitut.
Die Auswirkungen des Bail-in auf den Sparer
Gab es früher bei der Schieflage von Kreditinstituten in aller Regel eine Rettung durch den Staat (ein Bail-out), sprich durch die Allgemeinheit aller Steuerzahler, so hat sich mit dem Bail-in die Lage für die Sparer des Kreditinstituts dramatisch verschlechtert. Nun sind die Sparer diejenigen, die das Kreditinstitut retten sollen.
Was heißen diese Bestimmungen der Gläubigerbeteiligung für den Sparer eines Kreditinstituts?
Der Nennwert einer Bankaktie kann herabgesetzt oder sogar für nichtig erklärt werden.
Kundengelder, wie z.B. Spareinlagen über 100.000 €, Wertpapiere oder Anleihen des Kreditinstituts, können eingezogen werden bzw. in Aktien der Bank zu einem festgelegten Nennwert umgewandelt werden.
Auch wenn sich das Kreditinstitut am Ende durch die von der FMA gesetzten Schritte wieder erholt, sind die Maßnahmen, die die FMA angeordnet hat, endgültig. D.h., die Enteignung der Ersparnisse ist nicht mehr umkehrbar!
Betroffen von diesen Regelungen sind somit u.a. Spareinlagen, Girokonten, Fest- und Tagesgeld, Schuldverschreibungen, Anleihen.
Weiter oben wurde erwähnt, dass viele Sparer Gläubiger eines Kreditinstituts sind, ohne es zu wissen. Warum ist das so? Wer ist es, der u.a. Schuldverschreibungen und Anleihen von Banken in größerem Ausmaß anschafft und damit von der Gläubigerbeteiligung des BASAG betroffen sein kann? Fonds und Lebensversicherungen kaufen für ihre Anleger diese Art von Wertpapieren in ihre Portfolios. Da Sparen mit Lebensversicherungen und Fonds in der Bevölkerung weit verbreitet ist, ist nahezu jeder Sparer vom Damoklesschwert der Enteignung im Krisenfall einer Bank betroffen. Denn Schuldverschreibungen und Anleihen von Banken fallen nicht unter die begünstigten Vorschriften der Einlagensicherung!
Vielleicht ist es ein Grund, dass viele unwissentlich von solchen unangenehmen Maßnahmen getroffen werden können, warum man vom BASAG, das in Wirklichkeit ein Enteignungsgesetz ist, in der Öffentlichkeit so gut wie nichts hört. Offiziell wird ja hinsichtlich des BASAG bestenfalls verlautet, dass es, zum Unterschied von der Vergangenheit, die Steuerzahler vor den Folgen einer Insolvenz von Banken schützen soll und das Gesetz ja zur Sanierung von Kreditinstituten geschaffen wurde. Und für diese Sanierung soll zukünftig nicht mehr der Fiskus einstehen, sondern die Aktionäre und Gläubiger der Bank – das sind jetzt von nun an mit dem Bail-in die Bankkunden mit ihren Guthaben!
Verordnete Geheimhaltung und Informationsaustausch per Gesetz verboten
Es klingt ja wie ein Hohn, dass im § 120 des BASAG Geheimhaltung verordnet wird und dass die Informationsoffenlegung untersagt wird. Aus diesem Grund finden Sie nachfolgend den exakten Gesetzeswortlaut, damit Sie sehen, wie per Gesetz für den Sparer wichtige Informationen einfach unterdrückt und zurückgehalten werden.
(1) Den in Z 1 bis 14 angeführten Personen und Stellen sowie Personen, die bei den in Z 1 bis 14 genannten Personen und Stellen tätig sind, ist es untersagt, vertrauliche Informationen offenzulegen oder weiterzugeben:
- der Abwicklungsbehörde;
- der FMA;
- dem Bundesministerium für Finanzen;
- der Österreichischen Nationalbank;
- dem gemäß diesem Bundesgesetz bestellten vorläufigen Verwalter und Abwicklungsverwalter;
- potenziellen Erwerbern, die von den zuständigen Behörden kontaktiert oder von den Abwicklungsbehörden angesprochen wurden, unabhängig davon, ob die Kontaktaufnahme in Vorbereitung der Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung erfolgt ist, und unabhängig davon, ob die Kontaktaufnahme zu einem Erwerb geführt hat;
- Rechnungsprüfern, Wirtschaftsprüfern, Rechtsberatern, sonstigen professionellen Beratern, Bewertern und anderen von Abwicklungsbehörden, zuständigen Behörden, zuständigen Ministerien oder den unter Z 6 genannten potenziellen Erwerbern unmittelbar oder mittelbar hinzugezogenen Experten;
- Sicherungseinrichtungen gemäß ESAEG;
- der Entschädigungseinrichtung gemäß § 73 WAG 2018;
- der für die Finanzierungsmechanismen im Rahmen der Abwicklung zuständige Stelle;
- anderen am Abwicklungsprozess beteiligte Behörden;
- einem Brückeninstitut oder einer Abbaueinheit;
- sonstigen Personen oder Stellen, die unmittelbar oder mittelbar, dauerhaft oder zeitweise Dienstleistungen für die gemäß Z 1 bis 12 genannten Personen, Stellen oder Behörden erbringen oder erbracht haben;
- vor, während und nach ihrer Amtszeit dem höheren Management, den Mitgliedern des Leitungsorgans und sonstigen Mitarbeitern der in den Z 1 bis 12 genannten Personen und Stellen oder Behörden.
Auch der ungeübte Leser von Gesetzestexten kann unschwer erkennen, dass jeder, der mit der Sanierung der Bank betraut ist, nach außen hin zu schweigen hat. Eine unglaubliche Situation!
Im Falle des Konkurses eines Unternehmens haben die Gläubiger zumindest gewisse Informations- und Mitbestimmungsrechte über die Situation des Unternehmens. Im gegenständlichen Fall ist bei der Sanierung eines Kreditinstituts absolutes Stillschweigen und Geheimhaltung verordnet!
Deshalb sollte jeder Sparer sehr genau prüfen, in welchen Anlageformen er investiert ist und sich der möglichen Konsequenzen für eine Zeit, die durch große wirtschaftliche Fragezeichen gekennzeichnet ist, bewusst werden.
Fazit:
Der Bail-in bedeutet für Sparer, die Banken ihr Geld nicht in Form von durch die Einlagensicherung gedeckten Spareinlagen anvertrauen, ein enormes Risiko im Fall der Schieflage eines Instituts. Eine legale Enteignungsmaßnahme, gegen die der Sparer keine Möglichkeit des Einspruchs hat, wurde EU-weit ins Leben gerufen und mit schönen Worten den Bürgern verkauft. Informationsoffenheit für Anleger fehlt gänzlich.
Die Geldretter helfen Ihnen gerne Ihr Portfolio zu beleuchten und entsprechende Absicherungsstrategien zu entwickeln.
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